DR. ANDREAS BRUGGER, RECHTSANWALT
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Themen Gemeindegut

Inhalt
Der Fall Neustift
Unrecht entdeckt........
Anfänge der Besiedlung
Kampf um Wald + Weide
1847: Wald an Gemeinden
Nutzungsrechte
  -  im provGG 1849
  -  in GO 1866
  -  1866 bis heute
Flurverfassung seit 1883
Grundbuchsanlegung
Agrarbehörde
Gemeinden zu Regulierung
VfGH 1982
Reaktion auf VfSlg 9336
Resümee
Novellierungsmöglichkeiten

Ein wichtiger Beitrag zur Verdunkelung der rechtshistorischen Entwicklung des Gemeindeguts

Die rechtshistorische Entwicklung des Gemeindeguts wurde durch juristische Kunstgriffe verdunkelt (Morscher, ZfV 1982/1). In Tirol ist diese Verdunkelung vor allem durch einen Beamten der Tiroler Landesregierung geschehen.

Der damalige Leiter der Agrarbehörde hat in einem im Bauernkalender 1966 auf den Seiten 251 bis 267 veröffentlichten Manuskript eines Vortrages, den er am 23. Oktober 1957 anlässlich einer Tagung der österreichischen Agrarbehördenleiter in Bregenz gehalten hat, die Rechtsgeschichte des Gemeindegutes in einer Weise dargestellt, die sich aus den zur Verfügung stehenden Rechtsquellen keinesfalls herauslesen hat lassen, zumindest dann nicht, wenn er versucht hätte, unparteiisch und sachlich an die Sache heran zu gehen, wozu er ja als Vertreter einer Behörde verpflichtet gewesen wäre.

Dieser Artikel hatte zweifelsohne den Zweck eine Rechtfertigung für die (ja schon vor Verfassung dieser Schrift im Gange befindliche) Praxis zu liefern, womit den Gemeinden ihr Gemeindegut widerrechtlich weggenommen wurde, um damit einige wenige alteingesessene Bauern ungerechtfertigt zu bereichern. Da natürlich niemand so ohne weiteres selbst die Rechtslage des 19. Jahrhunderts überprüft, und da - wer es doch getan hätte, damit rechnen hat müssen, politisch in Ungnade zu fallen (was zu Zeiten von Landeshauptmann Wallnöfer niemand auf die leichte Schulter nehmen durfte), haben die in diesem Manuskript vertretenen Thesen trotz ihrer Unrichtigkeit, starke Verbreitung gefunden.

Dieser Artikel ist daher als eine der Hauptursachen dafür zu betrachten, dass die zurecht als Katastrophe beklagte Regulierung der Gemeindegüter in Tirol in dieser Weise stattfinden konnte.

Daher möchte ich mich mit ihm etwas genauer befassen:

Die Gemeinden haben ihr Gemeindegut keineswegs freiwillig den Agrargemeinschaften überlassen:

Zunächst ergibt sich aus diesem Artikel einmal, dass es nicht richtig ist - wie es heute von Bauernbundobmann Anton Steixner behauptet wird - dass die Gemeinden ihr Eigentum am Gemeindegut deswegen aufgegeben hätten, weil sie am Gemeindegut kein Interesse gehabt hätte, bzw. weil es ihnen eine Last gewesen wäre.  1966 wurde die Situation vom damaligen Leiter der Agrarbehörde so beschrieben:

"...Zu den heikelsten, schwierigsten und leider auch oft umkämpftesten Gebieten der agrarbehördlich durchzuführenden Verfahren zählt die Regulierung des Gemeindeguts....

...Aus dem formellen grundbücherlichen Eigentumstitel heraus und aus dem vollkommenen Fehlen einer grundbücherlichen und vielfach auch sonstigen urkundlichen Verankerung der Gemeindegutsnutzungsrechte sowie nicht zuletzt auf Grund der weiten Kreisen unserer Bevölkerung völlig mangelnden Kenntnis der historisch gewachsenen Grundlagen des Rechtstypus des Gemeindegutsnutzens wird nunmehr allenthalben seitens der Gemeinden und der Nichteingeforsteten versucht, alteingesessene Rechte zu beschränken, allen Gemeindemitgliedern einen Anteil an den Nutzungen des Gemeindegutes ohne Rücksicht darauf, ob bisher dazu eine Berechtigung dazu vorlag oder nicht, zu verschaffen, die Gemeindegutsnutzungen als reines Geschenk oder ausschließlich freiwillige Leistung der Gemeinde hinzustellen und damit das Gemeindegut schließlich in Gemeindevermögen umzuwandeln. Es bildet daher auch keinen Einzelfall, dass man seitens der Gemeinden und vor allem der Nichtanteilsberechtigten in der Regulierung des Gemeindeguts nur eine Massnahme sieht, um Rechte der Gemeinde zu beschränken und einen bestimmten bevorzugten Kreis alteingesessener Liegenschaften auf Kosten der Gemeinde und der übrigen Gemeindebürger Rechte endgültig zu sichern.

Damit beginnt der Kampf um das Gemeindegut, der schließlich vor den Agrarbehörden endgültig ausgetragen werden muss..."

Wie sich aus der vorangehenden Darstellung der Geschichte der Gemeindegutsnutzung ergibt, wäre es richtig gewesen, die Nutzungen des Gemeindeguts allmählich allen Gemeindebürgern (und sei es im Umweg über die Gemeindekasse) zugute kommen zu lassen, zumal es sich bei diesen Rechten um öffentliche Rechte handelt, für die nicht in erster Linie die Unverletzlichkeit sondern in erster Linie der Gleichheitsgrundsatz gilt.

Gesetzeskonkurrenz zwischen Gemeindeordnung und Flurverfassungsrecht:

In dem Artikel wird behauptet, die Vorschriften der Gemeindeordnung seien auf jene Grundstücke des Gemeindeguts, die landwirtschaftlich bewirtschaftbar seien, nicht anwendbar, sondern nur auf Bibliotheken und ähnliches (siehe Text).

Da allerdings in § 78 TGO 1949 ausdrücklich von Holzbezugs- und Weiderechten die Rede war und andererseits § 81 Abs. 4 FLG 1952 vorsah, dass sich die Agrarbehörde bei der Regulierung von Gemeindegut darauf beschränken könne, die Vorschriften der Gemeindeordnung zu ergänzen, zeigen die zitierten Ausfühungen des damaligen Leiters der Agrarbehörde nur, dass er keineswegs um eine sachliche, objektive Gesetzesauslegung bemüht war, sondern es nur um die Rechtfertigung einer nicht aus rechtlichen sondern aus politischen Gründen gepflogene Praxis ging. Ob die verwendeten Argumente sich auch nur im entferntesten aus dem Gesetzeswortlaut ableiten ließen, war offenbar weniger wichtig.

Festsetzung der Anteilsrechte:

Aus dem Artikel ergibt sich, dass dem damaligen Leiter der Agrarbehörde klar war, dass jeder Gemeinde ein Anteilsrecht von mindestens 20 % zugestanden wäre (siehe Text). 

Die gegen den gesetzlichen Mindestanteil der Gemeinde ins Treffen geführten Argumente sind jedoch in keiner Weise stichhältig, weil die Agrarbehörde das kritisierte Ergebnis (nämlich eine Kürzung der Bezugsrechte, wenn die Gemeinde bisher mit weniger als 20 % an der Nutzung teilgenommen hatte), ja leicht dadurch vermeiden hätte können, dass sie die Anteile nicht in Form eines Bruchteiles am Gesamtnutzen sondern in Form einer verbalen Beschreibung der einzelnen Nutzungen nach Umfang, Ort und Art der Ausübung, sowie nach Zeit, Dauer und Maß des Genusses festgelegt hätte (§ 3 des TRLG 1909, § 76 Zif. 6. des FLG 1935 und § 76 Zif. 6. des FLG 1952).

Das im Artikel offen zugegebene Bestreben, die Gemeinden im Vergleichsweg dazu zu veranlassen, auf ihr gesetzliches Anteilsrecht zu verzichten, war jedenfalls ungesetzlich und könnte uU auch den äußeren Tatbestand der Anstiftung zur Untreue zu verwirklicht haben (siehe Vergleiche).

 

Eigentum am Gemeindegut:

Nochmals wird im Artikel (siehe Seite 258) betont, dass sich die Gemeinden unter Berufung auf ihren Eigentumsanspruch mit Entschiedenheit gegen die Feststellung des Eigentums zugunsten der Agrargemeinschaft wehren (Text).

Im folgenden nehme ich zu einigen Passagen aus jenem Teil des Artikels Stellung, die das Eigentum am Gemeindegut betreffen:

S 259:Der Kreis der vermöge ihres alteingesessenen Hofbesitzes voll rechtsfähigen Bauern bildete die damalige Gemeinde

Tatsächlich waren schon gemäß § 1 der allerhöchsten Entschließung vom 14. August 1819 betreffend „Die Regulierung der Gemeinden, und ihrer Vorstände in Tyrol und Vorarlberg“ folgende Personen als Gemeindemitglieder anerkannt:

 

Es waren also nicht etwa nur Bauern Gemeindemitglieder sondern auch nicht bäuerliche Hausbesitzer und Gewerbetreibende. Möglicherweise zählten auch unselbständig Erwerbstätige zu den Gemeindemitgliedern.

S 259: Es war dies eine ausgesprochene Realgemeinde, weil sie an den Grundbesitz anknüpfte.

Wie oben schon aufgezeigt, gehörten auch die Erwerbstätigen zu den Gemeindemitgliedern. Außerdem ist die in der Gemeindegesetzgebung von 1819 geschehene Anknüpfung an Grundbesitz für das hier diskutierte Thema relativ belanglos, da Personen, die weder ein Wohnhaus noch ein Wirtschaftsgebäude besaßen oder in Pacht hatten, wohl auch nicht heizen mussten, und auch kein Holz zur Instandhaltung eines Gebäudes benötigten, und – wenn sie weder Eigentümer noch Pächter eines Grundstückes waren – wohl auch keinen Zaun instand halten mussten. Für solche Personen waren daher die immer an den Haus- und Gutsbedarf geknüpften Nutzungsrechte am Gemeindegut ohnehin nicht interessant.

S 259: „...denn in den meisten Gebieten konnte niemals wahrgenommen werden, dass der Landesfürst dieses Recht [nämlich sein Hoheitsrecht am gesamten Waldbesitz des Landes] jemals ausgeübt hätte, sondern stand der auf das deutsche Volksrecht gegründete Nutzungsanspruch auf die unverteilten Waldungen, Alpen und Weiden der Markgenossenschaft bzw. der Realgemeinde und den in diesem Verbande zusammengefassten Nutzungsberechtigten weiterhin zu.

 

Zum landesfürstlichen Hoheitsrecht:

Die obigen Ausführungen lassen außer Acht, dass den Landes­fürsten und insbesondere dem Kaiser, der mit allerhöchster Entschließung vom 6. Februar 1847 verbindlich feststellte, dass (von wenigen Ausnahmen abgesehen) sämtliche Wälder Tirols ein Gegenstand landesfürstlichen Hoheitsrechtes seien, das Gesetzgebungsrecht zukam, sodass die Landesfürsten nicht darauf angewiesen waren, den gesamten Tiroler Wald etwa zu ersitzen. Der Frage, ob das landesfürstliche Hoheitsrecht auch tatsächlich an allen Tiroler Wäldern ausgeübt wurde, kommt daher keinerlei rechtserhebliche Bedeutung zu.  

Gegen die kaiserliche Gesetzgebung konnte es auch kein „deutsches Volksrecht“ geben. Ab der Entstehung des Forstregals waren Waldnutzungen daher entweder ausdrücklich erlaubt (z.B. die sog. „Gnadenholzbezüge“) oder unrechtmäßig. Soweit solche Gestattungen vorlagen, handelte es sich um öffentliche Rechte, die durch die jeweilige Gesetzgebung (Waldordnungen, allerhöchste Entschließung vom 6.2.1847, Gemeindeordnungen etc.) jederzeit eingeschränkt oder ausgedehnt werden konnten. Soweit die Nut­zung unrechtmäßig erfolgte, konnte dadurch kein Recht erworben werden[1].

Selbst wenn man aber anerkennt, dass es Nutzungsrechte gegeben hat, die vom Landesfürsten nicht nach Belieben aufgehoben werden konnten[2], wird dadurch lediglich gerechtfertigt, dass diese Nutzungen weiterhin aufrecht zu bleiben haben, was ja in der Folge durch das Servitutenpatent des Jahres 1853 gewährleistet war. Als Nutzungen am Gemeindegut blieben daher nur diejenigen über, die den Betreffenden nur wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinde zustanden.

 

Nutzungsberechtigte als Rechtsnachfolger der Markgenossenschaft und der Realgemeinde:

Mit der Gleichsetzung der Markgenossenschaft mit der sog. Realgemeinde und den Nutzungsberechtigten wird Ungleiches verglichen.

 

Markgenossenschaft:

Hinsichtlich der Allmende-Nutzung dürfte lediglich gesichert sein, dass dieses Gebiet zumindest ursprünglich von der Allgemeinheit genutzt werden konnte[4]. Selbst wenn diese Allgemeinheit zu einer Zeit, in der sich das Staatswesen noch nicht bzw. kaum entwickelt hat, vor allem von nicht oder wenig organisierten örtlichen Gemeinschaften repräsentiert worden sein sollte, wäre das kein Grund, das spätere landesfürstliche Hoheitsrecht an den Wäldern in Frage zu stellen. Vor allem aber ist nicht erkennbar, warum jene privilegierten Gemeindemitglieder, die zufällig in den letzten 10 Jahren vor einer Regulierung Nutzungen bezogen haben, und denen dann für ewige Zeiten Anteilsrechte am (ehemaligen) Gemeindegut zuerkannt wurden, „würdigere“ Rechtsnachfolger der alten Markgenossenschaft sein sollten, als Gemeindemitglieder, die sich etwas später in der Gemeinde ansiedelten. Da zum Beispiel gemäß §§ 11, 12 und 22 Zif. 2 des provisorischen Gemeindegesetzes von 1849 alle Gemeindeangehörigen, die vier Jahre in der Gemeinde geduldet waren, Anspruch auf Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes hatten, ist keineswegs davon auszugehen, dass alle diejenigen, die Mitte des 20. Jahrhunderts Nutzungen am Gemeindegut ausübten, direkte Rechtsnachfolger der Mitglieder ehemaligen Mark­genossenschaft waren.

Fazit: Die durch die Gemeindegutsregulierungen jeweils privilegierten Nutzungsberechtigten können keineswegs als Rechtsnachfolger der vor vielen Jahrhunderten in unserem Land lebenden Markgenossen angesehen werden.

siehe auch   Realgemeinde

 

S 260: ...durch das kaiserliche Patent vom 6.2.1847, auch ‚Waldzuweisungspatent’ genannt, [wurde] der Verzicht des Landesfürsten auf alle Waldungen in Tirol mit Ausnahme bestimmter Teile ... ausgesprochen ...

 

Wie sich durch Einsichtnahme in die genannte Allerhöchste Entschließung vom 6.2.1847 jedermann leicht überzeugen kann, ist darin von einem Verzicht keine Rede. Das gerade Gegenteil trifft zu. Der Kaiser hat in diesem Gesetz verbindlich ausgesprochen, dass ihm in seiner Eigenschaft als Landesfürst (mit wenigen Ausnahmen) das jeden Privatbesitz ausschließende Hoheitsrecht an sämtlichen Wäldern Tirols zustehe, und daraus das Recht abgeleitet, einen Teil dieser Wälder an die Gemeinden als solche[5] und nicht etwa an die einzelnen Untertanen[6] ins volle Eigentum zu übertragen.

 

 

S 260:Unter den in der kaiserlichen Entschließung vom 6.2.1847 erwähnten ‚Gemeinden’ konnten, und das ist von größter Wichtigkeit, nur die Realgemeinden und nicht die politischen Gemeinden gemeint gewesen sein“.

Siehe dazu: Ist 1847 die Realgemeinde oder die politische Gemeinde Waldeigentümerin geworden?

S 260:Hätten damals schon die erst in den 60-er Jahren des 19. Jahrhunderts entstandenen politischen Gemeinden existiert und wäre der Wald diesen übertragen worden, so wäre ohne Zweifel in das Waldzuweisungspatent eine Bestimmung aufgenommen worden, wonach auf die althergebrachten Nutzungsrechte Bedacht zu nehmen sei   ... die politische Gemeinde [hat] als juristische Person im römisch rechtlichem Sinne zumindest in Tirol erst seit dem Jahre 1866 existiert“.

Siehe dazu: Die Entwicklung des Gemeinderechts seit 1811.

Entgegen der oben wiedergegebenen Behauptung war im Waldzuweisungspatent vom 6.2.1847 auch eine Bestimmung enthalten, wonach die althergebrachten Nutzungsrechte aufrecht bleiben. Gemäß Zif. 6 dieses Patents hatte nämlich die Waldzuweisung an die Gemeinden „unbeschadet der ... aus was für Titeln immer abgeleiteten Rechte Dritter“ zu erfolgen.

Zusätzlich wurde in Zif. 9 dieses Patentes klargestellt: „Alle ... Rechtsansprüche Einzelner ... auf Forste, die bisher dem Allerhöchsten Landesfürsten gehörten, aber nunmehr den ... Gemeinden abgetreten werden, sollen hinfort nur gegen diese Letzteren gestellt oder fortgeführt werden können ...“.

Seite 260: Das erste rechtsgültige Gemeindegesetz war das provisorische Gemeindegesetz aus dem Jahre 1849. Dieses ist nicht in allen Kronländern der Monarchie zur Anwendung gekommen. In unseren heutigen Bundesländern hat es nur teilweise und dann nur formale Wirksamkeit erlangt, kam aber nicht zur praktischen Durchführung. Nach allgemeiner Ansicht der Rechtslehre ist dieser erste Versuch einer einheitlichen Gemeindegesetzgebung gescheitert und damit auch die Bestrebung zur Schaffung einer politischen Gemeinde als juristische Person nach römisch-rechtlichen Begriffen.

 

Dass die juristische Geltung eines Gesetzes davon abhängen würde, dass es „praktisch durchgeführt, also tatsächlich befolgt wird, trifft nicht zu. Für die hier interessierende Frage des Eigentums am Gemeindegut ist vor allem die Streitentscheidung in § 74 des provisorischen Gemeindegesetzes 1849 von Interesse, wonach das Gemeindegut Eigentum der Gemeinde als moralischer Person und nicht der jeweiligen Gemeindeglieder ist, sowie die Bestimmung des § 75 desselben Gesetzes, wonach kein berechtigtes Gemeindeglied aus dem Gemeindegut einen größeren Nutzen ziehen durfte als zur Deckung seines Bedarfes notwendig war und jede nach der Deckung des Bedarfes erübrigende Nutzung eine Rente für die Gemeindekasse zu bilden hat. Diese Bestimmungen wurden später nie mehr geändert oder aufgehoben, sondern wurden praktisch wörtlich in die Bestimmung des § 63 der Gemeindeordnung für Tirol vom 31. Jänner 1866 übernommen.

 

Seite 262:Die in den Ländern zwischen 1863 bis 1866 erlassenen Gemeindegesetze enthalten hinsichtlich des Gemeindegutes keinerlei Bestimmung über das Eigentum und seine Herkunft, wohl aber eine Reihe von sonstigen Vorschriften, die auch heute noch in verschiedenen Varianten geläufig sind, wobei die Hauptgrundlage des Rechtes und des Maßes der Teilnahme an den Nutzungen der Haus- und Gutsbedarf und die bisherige Übung bildete. Die Gemeindegesetze dieser Zeit haben es leider unterlassen, eine klare und endgültige Auseinandersetzung mit der alten Realgemeinde zu treffen und damit den in der Folgezeit so verhängnisvollen Dualismus zwischen politischer Gemeinde und Wirtschaftsgemeinde zu beseitigen. Aufgrund der bereits geschilderten historischen Entwicklung und der bis 1866 bestandenen gemeinderechtlichen Rechtslage in Tirol hätte diese nur so ausfallen können, dass die auf der Allmendnutzung und der germanischen Marktgenossenschaft aufgebaute Realgemeinde neben der politischen Gemeinde als selbständige juristische Körperschaft geschaffen und dieser auch das Eigentum am Allmendgut eindeutig gesichert worden wäre.“

 

Dass die politische Gemeinde als rechtsfähige Körperschaft öffentlichen Rechts im Jahre 1847 längst existierte, wurde bereits ausführlich dargelegt (siehe dazu Die Entwicklung des Gemeinderechts seit 1811). Dass eben diese Gemeinde Eigentümerin des aufgrund der allerhöchsten Entschließung vom 06.02.1847 zugewiesenen Waldes wurde, ergibt sich eindeutig aus mehreren Stellen dieser Entschließung. Allfällige Zweifel wären jedenfalls durch die schon zitierte Bestimmung des § 74 des provisorischen Gemeindegesetzes aus 1849 beseitigt worden.

1866, im Jahre des Inkrafttretens der Tiroler Landesgemeindeordnung waren die Gemeinden durchwegs bereits Eigentümer dieser Grundflächen, weshalb eine Bestimmung, die den Gemeinden diese Gebiete erst ins Eigentum übertragen hätte, nicht mehr notwendig war und ins Leere gegangen wäre.

§ 54 der Gemeindeordnung 1866 ordnet die Aufsicht über die Benützung und Verwaltung des Gemeindegutes dem Gemeindevorsteher zu. Woher hätte die Gemeinde 1866 ein Gemeindegut haben sollen, wenn sie ohne jedes Vermögen neu entstanden wäre, wie der Verfasser dieses Artikels meint?

§ 63 der Gemeindeordnung 1866 bestimmt, dass das Recht und das Maß der Teil­nahme an den Nutzungen des Gemeindegutes sich nach der bis dort geltenden alten Übung richte, dies jedoch mit der Beschränkung, dass (soferne nicht spezielle Rechtstitel Ausnahmen begründen) kein zum Bezuge Berechtigter aus dem Gemeindegute einen größeren Nutzen ziehen dürfe, als zur Deckung seines Haus- und Gutsbedarfes notwendig sei. Wiederum wird klargestellt, dass diejenigen Nutzungen aus dem Gemeindegute, welche nach Deckung aller rechtmäßig gebührenden Ansprüche übrig bleiben würden, in die Gemeindekasse abzuführen seien. Viel deutlicher konnte der Gesetzgeber seine Ansicht, dass das Gemeindegut im Eigentum der Gemeinde stehe, wohl kaum zum Ausdruck bringen.

Entgegen den Behauptungen des zitierten Artikels kann daher keine Rede davon sein, die Tiroler Landesgemeindeordnung des Jahres 1866 enthalte keine Bestimmungen, aus denen sich klar ergäbe, in wessen Eigentum das Gemeindegut damals gestanden sei.

 

Seite 262: Die Einverleibung des selbständigen agrargemeinschaftlichen Realgemeindebesitzes in die politischen Gemeinden erfolgte hauptsächlich mit dem Argument der angeblichen gesetzlichen Universalsukzession der politischen Gemeinde für die einstige Realgemeinde. Von dieser Universalsukzession ist aber in den Gemeindegesetzen mit keinem Wort die Rede.

Eine Universalsukzession war gar nicht notwendig, weil es sich bei den Gemeinden laut Gesetz von 1819, laut provisorischem Gemeindegesetz von 1849, laut Reichsrahmengesetz von 1862, laut Tiroler Landesgemeindeordnung von 1866 und laut geltender Tiroler Gemeindeordnung immer um dieselben juristischen Personen gehandelt hat. Die verschiedenen Gesetze änderten lediglich die interne Organisation der Gemeinden. Darüber hinaus ergibt sich aber auch aus § 1 des provisorischen Gemeindegesetzes von 1849, dass durch dieses Gesetz nur dort neue Gemeinden geschaffen wurden, wo nicht schon faktisch selbständige Ortsgemeinden bestanden. Auch aus § 1 der Tiroler Landesgemeindeordnung des Jahres 1866 ergibt sich, dass nicht etwa neue Gemeinden geschaffen, sondern die bestehenden Ortsgemeinden fortgeführt werden sollten, sofern keine Vereinigungen oder Trennungen von Gemeinden stattfanden.  

Wenn durch das prov. Gemeindegesetz des Jahres 1849 eine - mit der durch die Gemeindeordnung des Jahres 1819 geregelten Gemeinde nicht identische - juristische Person geschaffen worden wäre, dann hätte sich dieser Vorgang zweifellos die ständestaatliche Gemeindeordnung von 1935, dann neuerlich durch die Einführung der deutschen Gemeindeordnung 1938 und neuerlich durch die vorläufige Gemeindeordnung 1945 wiederholt. Jedesmal hätte sich dann das ganze Gemeindevermögen in Luft aufgelöst, bzw. wären alle mit und den Gemeinden abgeschlossenen Vereinbarungen wirkungslos geworden. 

 

Seite 262:Mit Nachdruck festzuhalten ist jedenfalls, dass die Gemeinden bei ihrer Entstehung überhaupt keinen eigenen Grundbesitz hatten und dass derselbe, wie er heute als Gemeindegut vorliegt, fast ausschließlich aus dem von der Realgemeinde übernommenen und daher seit altersher deutsch-rechtlichen Rechtsverhältnissen unterliegenden Grundvermögen stammt.

 

Diese Behauptung ist absurd. Sowohl das provisorische Gemein­degesetz des Jahres 1849 als auch die Tiroler Landesgemeinde­ordnung des Jahres 1866 als auch spätere Gemeindeordnungen setzen geradezu voraus, dass die ihren Bestimmungen unterlie­genden Gemeinden Eigentümerinnen des Gemeindegutes waren und regelten darauf aufbauend das Recht der Teilnahme an den Nutzungen dieses Gemeindegutes (vgl. zB §§ 54 und 63 der TGO 1866).

 

Sete 262: Trotz der durch die Gemeindeordnung geschaffenen Verhältnisse ist es in vielen Fällen den alten Wirtschaftsgemeinden gelungen, den Besitz und die Verwaltung am agrargemeinschaftlichen Allmendgut zu behaupten und die Verwaltung und Nutzung desselben völlig getrennt von der politischen Gemeinde allein und selbständig auszuüben. Dieser vielerorts anzutreffende Rechtszustand ist ein kräftiger Beweis dafür, dass nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch die Gemeinden selbst an eine Universalsukzession der politischen Gemeinde nach der Realgemeinde nicht ernstlich glaubten, weil sie ansonsten wohl kaum den Bestand einer zweiten Körperschaft in Form der Realgemeinde neben sich geduldet hätten.

Aus den Regulierungsakten der Gemeinden Neustift, Mieders, Trins und Imst ergibt sich, dass in diesen Gemeinden das Gemeindegut jedenfalls bis zur Einleitung des Regulierungsverfahrens von der Gemeinde verwaltet wurde und es daneben keine Organisation einer weiteren zweiten Gemeinschaft gegeben hat. Dies spricht jedenfalls gegen die Argumentation, die sogenannten „Realgemeinde (deren Organe nach dem Gesetz aus 1819 ja auch gewählt werden hätten sollen) wäre neben der politischen Gemeinde als Körperschaft bestehen geblieben. Sollte es aber Fälle gegeben haben, in denen die Nutzungsberechtigten das Gemeindegut verwaltet hätten und nicht die Gemeinde, wäre diese Vorgangsweise rechtswidrig gewesen, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.09.1892, Zahl 2849, veröffentlicht in der Sammlung Budwinsky zur Zahl Nr. 6762, eindeutig klargestellt hat. Mit dem zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof eine Entscheidung des Bezirksausschusses von Zbirow bestätigt, worin verfügt wurde, dass der in der Gemeinde bestellte sogenannte Waldausschuss aufzulösen, die Führung einer besonde­ren Waldkasse aufzulassen und die Verwaltung der Gemeinde­wälder durch die Gemeindevertretung selbst zu führen sei.

 

Seite 262f: Das völlig römisch-rechtlich orientierte, auf dem ABGB aufgebaute Grundbuchsrecht konnte der althergebrachten Unterscheidung zwischen den Besitzverhältnissen am deutsch-rechtlichen Allmendegut und dem sehr jungen Gemeindevermögen keinerlei Verständnis entgegenbringen.

Nachdem immer wieder dieser Gegensatz zwischen deutschem Recht und römischen Recht betont wird, sei die Bemerkung erlaubt, dass es die Agrarbehörde war, die die deutsch-rechtlichen Nutzungsrechte nunmehr weitgehend erfolgreich aber widerrechtlich in römisch-rechtliches Eigentum verwandelt hat.

 

Seite 263:Dieser Nutzungsanspruch am Allmendgut war keine Servitut auf fremdem Grund und Boden, sondern ein Nutzungsanspruch auf eigenem Grund.

 

Nutzungsrechte auf eigenem Grund sind unserer Rechtsordnung fremd. Dass das Allmendgut niemals nur ein paar alteingesessenen Bauern, sondern immer der Allgemeinheit (zuerst der Dorfgemeinschaft, dann dem Landesfürsten und dann wieder der Gemeinde) gehört hat, wurde schon aufgezeigt.

Seite 263: Kam es zu Streitigkeiten hinsichtlich des der Realgemeinde gehörigen Gemeinschaftsgutes oder hinsichtlich von Nutzungen am Allmendgut, so wurden diese von Juristen entschieden, die aufgrund ihrer Ausbildung sich nur von römisch-recht­lichen Begriffen leiten ließen und die daher auch der deutsch-rechtlichen Auffassung eines obersten Verfügungs- und Besitzrechtes der Marktgenossenschaft bzw. der Realgemeinde und der von der Servitut völlig abweichenden Rechtskonstruktion des Nutzungsanspruches am Gemeindegut zwangsläufig hilflos gegenüberstanden. ... Man muss sich streng davor hüten, diese historischen Erkenntnisse und erweisbaren Rechtstatsachen an den vielfach verfehlten Entscheidungen einer rein römisch-rechtlich denkenden Jurisprudenz scheitern zu lassen, die aufgrund ihrer Vorbildung durch Jahrzehnte bemüht war, die altüberlieferten Rechtsverhältnisse, die in keiner Weise auf das römische Recht aufbauen, in ihre römisch-rechtlichen Begriffe hineinzupressen.

 

Mit diesen Worten wurden die Beamten der Tiroler Landesregierung aufgefordert, sich über zahlreiche höchstgerichtliche Erkenntnisse hinweg zu setzen, was die Tiroler Agrarjuristen in der Folge dann ja auch eifrig taten. Die Begründung war schon des­halb nicht stichhältig, weil die Beamten der Tiroler Landesregie­rung auch über keine andere, geschweige denn bessere Ausbildung verfügten, als die Richter unserer österreichischen Höchstgerichte. Tatsächlich hätte sich die Unrichtigkeit der von der Tiroler Landesregierung vertretenen Rechtsansicht auch damals bereits zB aus folgenden höchstgerichtlichen Erkenntnissen ergeben:  

-          Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.09.1892, Zahl 2849 = Slg. Budw. Nr. 6762;

-           Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 26.07.1905, Nr. 12149, ergangen im Rechtsstreit CI97/8 des    Bezirksgerichtes Lienz, wiedergegeben bei Stephan Falser, Wald- und Weide im tirolischen Grundbuch, Innsbruck 1932, Seite 21f);

-          Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.11.1954, Zahl 1194/54, veröffentlicht in VwSlg. Nr. 3560A;

-          Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 17.03.1931, GZl. B 41/30, VfSlg. 1383/1931;

-          VfGH 25.06.1962, B 282/61, VfSlg. 4229/1962;

 

 

 

Seite 263: Die Grundbuchskommissäre wussten sich mit dem deutsch-rechtlichen Rechtsinstitut der Realgemeinde keinen Rat und gaben sich meist auch nicht die Mühe einer eingehenden Prüfung der tatsächlichen besitzrechtlichen Grundlagen...... Bei der Vorgangsweise und bei den mangelnden agrarrechtlichen Kennt­nissen der Grundbuchsanlegungskommissäre liegt es auf der Hand, dass daher die Grundbücher hinsichtlich des Eigentums am Gemeinschaftsbesitz und am Gemeindegut vielfach objektiv völlig unrichtige Eintragungen enthalten.

 

Wurden mit dem letzten Zitat die Beamten der Tiroler Landesregierung angeleitet, die höchstgerichtliche Judikatur zu missachten, so beinhalten die jetzt zitierten Ausführungen die Auffor­derung, die Sachbearbeiter der Agrarbehörde sollten sich beden­kenlos über Grundbuchseintragungen hinwegsetzen.

 

Inhaltlich wurde dieser Vorwurf übrigens vollkommen zu Unrecht erhoben. (Siehe dazu: Grundbuchsanlegung).

 

 

Seite 265: „Im Falle einer körperschaftlichen Einrichtung der Agrargemeinschaft als Rechtsperson verbleibt der Gemeinde, [auch] wenn man an der grundbücherlichen Eintragung nichts ändert, nur mehr die bloße nuda proprietas, die keinerlei rechtliche Wirkungen mehr zu zeitigen vermag, weil die gesamten rechtlichen und wirtschaftlichen Befugnisse an Grund und Boden nur allein der Agrargemeinschaft und zwar uneingeschränkt zukommen. ... Die Rechtsposition der Gemeinde ist praktisch auch nach Abschluss des Regulierungsverfahrens und Einrichtung einer körperschaftlichen Agrargemeinschaft, ob die Gemeinde nunmehr Eigen­tümerin bleibt oder nicht, die vollkommen gleiche, sodass auch die Umschreibung des Eigentums in tatsächlicher Hinsicht für die Gemeinde keinerlei Rechtsnachteile nach sich zieht.“

 

Auch diese Ausführungen treffen nicht zu. Wären die Gemeinden grundbücherliche Eigentümer des Gemeindegutes geblieben, hätten sie vor allem die Möglichkeit, gemäß § 81 der Tiroler Gemeindeordnung vom 31. März 1949, LGBl. Nr. 24, die auf dem Gemeindegut lastenden Nutzungsrechte aufzuheben um beispielsweise Steinbrüche, Sandgruben, Torfstiche, Straßen, Be­wässerungs- und Entwässerungsanlagen und dergleichen anzulegen oder deren Anlage zu gestatten oder wenn ein Grundstück in eine volkswirtschaftlich wertvollere Kulturgattung gehoben oder für Bauzwecke verwendet werden sollte. Auch nach heutiger Rechtslage bestünde diese Möglichkeit, wenngleich sich die Formulierung etwas geändert hat (vergl. § 73 Abs. 1 der Tiroler Ge­meindeordnung 2001). Durch eine Aufhebung der Nutzungsrechte nach den vorzitierten Bestimmungen der Gemeindeord­nung würde die betroffene Grundfläche ihre Eigenschaft als agrargemeinschaftliches Grundstück verlieren und damit aus dem Anwendungsbereich der Flurverfassungsgesetze ausscheiden.[7] Dadurch, dass den Gemeinden das Eigentum am Gemeindegut genommen wurde, ging diese Möglichkeit verloren.

Inzwischen wäre durch die mit LGBl. Nr. 18/1984 erfolgte Neufassung des § 33 Abs. 1 TFLG auch klargestellt, dass der Agrargemeinschaft nur die land- oder forstwirtschaftlichen Nutzungen am agrargemeinschaftlichen Grundstück zustehen sollten. Alle anderen Nutzungen bleiben selbstredend beim Eigentümer, würden also der Gemeinde zustehen, wenn diese Eigentümerin des Gemeindegutes geblieben wäre.

 

 

Seite 264: „Hinsichtlich der Frage der Möglichkeiten der Zu­schreibung des Eigentums am Gemeindegut an eine körperschaft­lich einzurichtende Agrargemeinschaft im Zuge der Regulierung muss man, wenn auch das Gesetz expressis verbis keine Bestimmung enthält, nach eingehender Prüfung der Rechtslage zur Über­zeugung gelangen, dass dies nach den gegenwärtig gültigen Vorschriften der Flurverfassungslandesgesetze möglich ist....“

 

Wie schon erwähnt, traf die Annahme, einer Gemeinde bliebe nach Gründung der Agrargemeinschaft am agrargemeinschaft­lichen Gebiet nur noch das nackte Grundeigentum bestehen, nicht zu.

 

Es ist aber ein ganz wesentlicher Unterschied, ob man der Meinung ist, das einer Gemeinde nach einer Regulierung verbleibende Grundeigentum sei für diese ohne besonderen Wert, oder ob das Eigentum der Gemeinden - wie dies in Tirol aber Land auf Land ab geschehen ist – trotz des Wissens, dass dafür keinerlei gesetzliche Grundlage besteht, aus den Grundbüchern gelöscht und anstelle dessen das Eigentum für die Agrargemeinschaften eingetragen wird.

 

Die im zitierten Artikel selbst enthaltene Beschreibung der „Verwirrung“, die sich aus einem Weiterbestehen des bücherlichen Gemeindeeigentums ergeben würde, zeigt, dass es auch dem Verfasser dieses Artikels durchaus klar gewesen sein muss, dass sich die Rechtsstellung der Gemeinde durch die Beseitigung ihres Eigentums am Gemeindegut sehr wohl ganz wesentlich verschlechtern hat.


[1] vgl. Zif. 1 der allerhöchsten Entschließung vom 6.2.1847: „Das jeden Privatbesitz, außer in

  Folge landesfürstlicher Verleihung, ausschließende landesfürstliche Hoheitsrecht über die

  Wälder Tirols ....“ und Stephan Falser, ‚Wald und Weide im tirolischen Grundbuch’, Inns-

  bruck 1932, Seite 23f

[2] vgl. Stephan Falser, ‚Wald und Weide im tirolischen Grundbuch’, Innsbruck 1932, Seite 13

[3] vgl. § 78 Abs. 2 der Tiroler Gemeindeordnung vom 31. März 1949 etc.

[4] vgl. dazu Lang, Teilwaldrechte in Tirol, Seite 6: „Es ist in diesem Rahmen müßig, die rechtsgeschichtliche Frage näher zu erörtern, ob am Beginn der germanischen Landnahme Sondereigentum oder Gemeindeeigentum stand. Denn man muss überaus vorsichtig sein, moderne Begriffe auf die damaligen Verhältnisse zu übertragen, erst recht, wenn ein Begriff wie der des Eigentums seine Ausformung durch das römische Recht erfahren hat. Es ist mehr als fraglich, ob das Bündel der Rechtsbeziehungen zwischen den Dorfgenossen, zwischen den Nachbarn, den jeweiligen Ansiedlern zu einem großgrundbesitzenden Sippenführer, zu einem Kloster, zum Landesherrn, mit heutigen Begriffen sinnvoll erfasst werden kann. Jedenfalls dürfte es völlig verfehlt sein, aus den Ereignissen der Landnahme der Bajuwaren Gesichtspunkte für Auslegung und Beurteilung gegenwärtiger rechtlicher Beziehungen – wie etwa den Beziehungen zwischen den Berechtigten und den Belasteten bei Einforstungsrechten – zu gewinnen.

[5] vgl. Zif. 6 der Entschließung vom 6.2.1847

[6] vgl. Zif. 3 der Entschließung vom 6.2.1847

[7] In diesem Sinne auch VwGH 11.11.1954, Zahl 1194/54, VwSlg. 3560A/1954, wobei es für die Anwendung dieser Entscheidung keinen Unterschied machen würde, ob das Gemeindegut reguliert wurde oder nicht, wenn bei der Regulierung nicht rechtswidrigerweise das Eigentum verschoben worden wäre.