DR. ANDREAS BRUGGER, RECHTSANWALT
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Themen Gemeindegut

Inhalt
Der Fall Neustift
Unrecht entdeckt........
Anfänge der Besiedlung
Kampf um Wald + Weide
1847: Wald an Gemeinden
Nutzungsrechte
  -  im provGG 1849
  -  in GO 1866
  -  1866 bis heute
Flurverfassung seit 1883
Grundbuchsanlegung
Agrarbehörde
Gemeinden zu Regulierung
VfGH 1982
Reaktion auf VfSlg 9336
Resümee
Novellierungsmöglichkeiten

Agrargemeinschaften als Teilorganisation der Gemeinde:

Die Gemeindeguts-Agrargemeinschaft als Körperschaft gemeinderechtlicher Art:

Von Gesetzes wegen könnte ein Gemeindegut gar nicht im Eigentum einer Agrargemeinschaft stehen (siehe dazu: Gemeindegut im Eigentum einer Agrargemeinschaft - ein Widerspruch in sich).

Erst mit den Flurverfassungsgesetzen (Grundsatzgesetz RGBl. Nr. 94/1883, Teilungs- und Regulierungslandesgesetz Nr. 61/1909 usw) wurden die Nutzungsberechtigten am Gemeindegut  zu einer Gemeinschaft vereinigt und zwar um die Benützung und Verwaltung der gemeinschaftlichen Wälder und Weiden zu verbessern. Dadurch sollte vor allem eine Plattform für die gemeinsame Willensbildung geschaffen werden, weil auf diese Weise sinnvolle Wirtschaftsmaßnahmen leichter beschlossen und veranlasst werden und jemand dafür zuständig war, übermäßigen Nutzungen Einhalt zu bieten (siehe dazu: Flurverfassungsrecht Rechtsgeschichte). Die gegenteiligen Behauptungen, wonach die Nutzungsberechtigten schon vor Erlassung der Flurverfassungsgesetze eine rechtsfähige Gemeinschaft (nämlich die sogenannte Realgemeinde) gebildet hätten, sind falsch.

Funktionell sind daher die Gemeindeguts-Agrargemeinschaften als Teilorganisation der Gemeinde mit eigener Rechtspersönlichkeit zu betrachten. Sie vereinigen einen Teil der Gemeindebürger, um dadurch die Ausübung der aus der Gemeindebürgerschaft erfließenden Rechte besser organisieren zu können. Funktionell sind Gemeindeguts-Agrargemeinschaften daher Körperschaften gemeinderechtlicher Art. Sie sind insofern mit den 1938 aufgelösten Fraktionen vergleichbar, die für einen Teil des Gemeindegebietes gemeinderechtliche Aufgaben selbständig besorgten, während Agrargemeinschaften für einen Teil der Gemeindebürger gemeinderechtliche Aufgaben (nämliche die Verwaltung des Gemeindegutes und die Regelung der aus der  Gemeindebürgerschaft erfließenden Nutzung  des Gemeindegutes) selbständig besorgen.

Grundsätzlich könnte daher der Gesetzgeber jederzeit die Gemeindeguts-Agrargemeinschaften wieder auflösen bzw. mit den Gemeinden vereinigen, ohne dadurch verfassungsrechtliche Grundsätze zu verletzen, so wie 1938 die Fraktionen aufgelöst wurden oder wie derzeit die Tourismusverbände miteinander verschmolzen werden und wie mehrere Gemeinden zusammengelegt werden könnten. 

Für eine derartige Auflösung der Agrargemeinschaften bräuchte es nicht einmal die Zustimmung des Bundesgesetzgesetzgebers, weil es den Ländern überlassen ist, ob sie die Agrargemeinschaften als juristische Personen mit Rechtspersönlichkeit oder nur als nicht rechtsfähige Gemeinschaften einrichten. Theoretisch könnte daher der Landesgesetzgeber ohne weiteres anordnen, dass den Gemeindeguts-Agrargemeinschaften in Hinkunft keine Rechtspersönlichkeit mehr zukommt und die Gemeinden Rechtsnachfolger ihres Vermögens werden. 

Ich behaupte nicht, dass es zweckmäßig wäre, das zu tun, doch beweist schon die Tatsache, dass eine solche gesetzgeberische Maßnahme möglich wäre, ohne dadurch irgendwelche Verfassungsbestimmungen zu verletzen, dass das Eigentum einer Gemeindeguts-Agrargemeinschaft nicht in gleicher Weise schützenswert sein kann, wie das Eigentum von Privatpersonen oder von Körperschaften, hinter denen letztlich private Rechte  natürlicher Personen stehen.